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Beförderungsauswahl ohne Ausschreibung?


Grundsatz: Beförderungsdienstposten, die neu besetzt werden sollen, sind auszuschreiben.

Das Beamtenrecht ist (auch) insoweit, wie es um die Pflicht zur Ausschreibung von Stellen geht, in Bewegung.
Für Bundesbeamte erheben Bundesbeamtengesetz und Bundeslaufbahnverordnung die Ausschreibung zur Regel.
Dies dürfte auch für das Landesbeamtenrecht grundsätzlich gelten.
Von der Ausschreibungspflicht kann es in Einzelfällen Ausnahmen geben, u. U. muss dann der Personalrat zustimmen.
Eine im Vordringen begriffene Meinung leitet allerdings die Ausschreibungspflicht direkt aus Art. 33 II GG ab. Vergleichen Sie dazu den in jeder Hinsicht sehr lesenswerten, wenn auch nicht mehr unbedingt taufrischen Aufsatz von Dr. Gert Armin Neuhäuser, "Die verfassungsrechtliche Pflicht zu einer Ausschreibung öffentlicher Ämter und ihre (allein) verfassungsimmanenten Grenzen", in NVwZ 2013, 176 ff.

Teils gibt es ganz dezidierte Verwaltungsvorschriften, die alles genauestens regeln. So etwa die Verwaltungsvorschrift "Stellenbesetzung und Abordnung vor einer Beförderung" des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz (RP JBL 2018, 88).
Seit Mitte 2021 wird allerdings die Auffassung vertreten, für derartige Verwaltungsvorschriften (und etwa auch Beurteilungsrichtlinien) fehle es an einer gesetzlichen (Ermächtigungs-) Grundlage. Das ist im Einzelfall zu prüfen.

Vorgehen des Dienstherrn, falls eine Beförderungsstelle nicht ausgeschrieben wird

Der Dienstherr darf jedenfalls, sofern er die Stelle nicht ausschreibt, keine ausdrücklichen Bewerbungen erwarten, sondern ist verpflichtet, von sich aus alle in Betracht kommenden Beamten in seine Auswahlerwägungen einzubeziehen. Er muss ihnen dann auch die Möglichkeit geben, die Auswahlentscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen - was entsprechende Informationen voraussetzt.
Eine gerichtliche Meinung dazu finden Sie in der nachfolgenden Entscheidung des OVG Münster.

OVG Münster, Urteil vom 07.07.04 - 1 A 512/02 -

1. Bei fehlender Ausschreibung einer Beförderungsstelle und dem damit verbundenen Fehlen eines durch förmliche Bewerbung feststehenden Bewerberkreises sind zumindest diejenigen objektiv vorhandenen Beförderungskandidaten, welche der Dienstherr tatsächlich in die engeren Auswahlerwägungen einbezieht, vom Ausgang eines durchgeführten Auswahlverfahrens so rechtzeitig zu informieren, dass sie eine Entscheidung zu der Frage treffen können, ob sie gegen die Auswahlentscheidung vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen sollen.
2. Unterbleibt eine solche Information, so verletzt dies den Bewerbungsverfahrensanspruch des betroffenen Beamten; letzterer steht - auch ohne eine förmliche Bewerbung - einem unterlegenen Bewerber gleich, wenn er zu den Beförderungskandidaten zählt.
3. Wegen unterbliebener Information kann sich in solchen Fällen der Bewerbungsverfahrensanspruch zu einem Anspruch auf Übertragung der Beförderungsstelle verdichten und ausnahmsweise auch noch nach Ernennung der Mitbewerber mit Erfolg im Hauptsacheverfahren als Anspruch auf Wiederherstellung gerichtlich geltend gemacht werden (im Anschluss an BVerwG, NJW 2004, 870). Eine Beförderung kann dabei allerdings mit Aussicht auf Erfolg nur unter der Voraussetzung beansprucht werden, dass der Beamte in der betreffenden Beförderungsrunde zwingend hätte ausgewählt werden müssen, weil er aus Rechtsgründen zumindest einem der erfolgreichen Mitbewerber hätte vorgezogen werden müssen.


Diese Entscheidung ist in den letzten Jahren wiederholt durch andere Gerichte "bestätigt" worden. Eigentlich nicht nur "durch andere Gerichte". Denn die Entscheidung liegt auf einer Linie mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

Gesetzliche Grundlagen der Pflicht zur Ausschreibung von Stellen

§ 8 Bundesbeamtengesetz: Stellenausschreibung

(1) Zu besetzende Stellen sind auszuschreiben. Bei der Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern muss die Ausschreibung öffentlich sein. Ausnahmen von den Sätzen 1 und 2 kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung regeln.
(2) Die Art der Ausschreibung regelt die oberste Dienstbehörde nach Maßgabe des § 6 des Bundesgleichstellungsgesetzes. Sie kann diese Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen.

Ergänzend dazu:

§ 4 Bundeslaufbahnverordnung: Stellenausschreibungspflicht

(1) Zu besetzende Stellen sind außer in den Fällen des Absatzes 2 auszuschreiben. Der Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern muss eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen. § 6 des Bundesgleichstellungsgesetzes ist zu berücksichtigen.
(2) Die Pflicht zur Stellenausschreibung nach Absatz 1 gilt nicht
1. für Stellen der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter in
den Bundesministerien und im Bundestag, sonstigen politischen Beamtinnen und Beamten, Leitungen der anderen obersten Bundesbehörden und Leiterinnen und Leiter der den Bundesministerien unmittelbar nachgeordneten Behörden sowie der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2. für Stellen der persönlichen Referentinnen und Referenten der Leiterinnen und Leiter der obersten Bundesbehörden sowie der beamteten und Parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatssekretäre,
3. für Stellen, die mit Beamtinnen und Beamten unmittelbar nach Abschluss ihres Vorbereitungsdienstes oder eines Aufstiegsverfahrens besetzt werden,
4. für Stellen, die durch Versetzung nach vorangegangener Abordnung, nach Übertritt oder Übernahme von Beamtinnen und Beamten besetzt werden,
5. für Stellen, die zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit oder zur erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit besetzt werden,
6. für Stellen des einfachen Dienstes, für die Bewerberinnen und Bewerber von der Bundesagentur für Arbeit vermittelt werden können.
(3) Von einer Stellenausschreibung kann abgesehen werden
1. allgemein oder in Einzelfällen, wenn Gründe der Personalplanung oder des Personaleinsatzes entgegenstehen und es sich nicht um Einstellungen handelt,
2. in besonderen Einzelfällen auch bei einer Einstellung aus den in Nummer 1 genannten Gründen.

Landesbeamtengesetz Hamburg:

§ 10 Landesbeamtengesetz Hamburg: Stellenausschreibung, ...

(1) Die Bewerberinnen und Bewerber sollen durch Stellenausschreibung ermittelt werden. Einer Einstellung soll eine öffentliche Ausschreibung oder ein allgemein zugänglicher Hinweis im Internet vorausgehen. Die gesetzlichen Vorschriften über die Auswahl von Beamtinnen und Beamten auf Zeit bleiben unberührt.
(2) Die gesundheitliche Eignung für die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder in ein anderes Beamten- oder Beschäftigungsverhältnis mit dem Ziel der späteren Verwendung im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ist auf Grund eines ärztlichen Gutachtens (§ 44) festzustellen.
(3) ...
(4) Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamtinnen und Beamten sind anhand der mit dem konkreten Arbeitsplatz verbundenen Anforderungen und unter angemessener Darstellung eines gegebenenfalls von der Aufgabenwertigkeit abweichenden Statusamtes regelmäßig und wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern durch Vorgesetzte zu beurteilen. Das Nähere regelt die oberste Dienstbehörde oder mit ihrer Zustimmung die von ihr bestimmte Behörde. Hierbei können Ausnahmen von Satz 1 für bestimmte Beamtengruppen oder Fallgruppen sowie geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe vorgesehen werden.

§ 120 Landesbeamtengesetz Hamburg: Stellenausschreibungen für Professuren und Juniorprofessuren

§ 10 Absatz 1 ist nicht anzuwenden.

Hamburgisches Gleichstellungsgesetz - HmbGleiG:

§ 7 HmbGleiG: Stellenausschreibungen

(1) In Stellenausschreibungen ist das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht ausdrücklich anzusprechen. Es ist darauf hinzuweisen, dass Personen des unterrepräsentierten Geschlechts bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig berücksichtigt werden. § 5 Absatz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Arbeitsplätze sind einschließlich der Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben zur Besetzung auch in Teilzeit auszuschreiben, soweit zwingende dienstliche Belange nicht entgegenstehen.
(3) Jede ausschreibende Behörde hat eine nach dem Geschlecht aufgeschlüsselte Bewerbungs- und Besetzungsstatistik zu führen.

Hamburgisches Personalvertretungsgesetz

§ 88 HmbPersVG: Eingeschränkte Mitbestimmung und sonstige Beteiligung

Absatz 6:
(6) Bei der
1. Ausschreibung von Stellen, die besetzt werden sollen,
2. Bemessung des Personalbedarfs sowie
3. Aufstellung des Organisations- und des Stellenplans der Dienststelle
gibt die Dienststelle dem Personalrat unter Vorlage von Entwürfen Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Entwürfe Stellung zu nehmen. Ergibt sich keine Übereinstimmung, legt die Dienststelle die Entwürfe mit der Stellungnahme des Personalrats grundsätzlich dem zuständigen Mitglied des Senats, bei der Bürgerschaft der Präsidentin oder dem Präsidenten der Bürgerschaft, beim Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg der Präsidentin oder dem Präsidenten des Rechnungshofs und bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Personalangelegenheiten nicht als staatliche Auftragsangelegenheiten wahrnehmen, der durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung bestimmten Stelle im Sinne von § 82 Absatz 2 Satz 1 vor. Ausnahmsweise kann die Vorlage statt an das zuständige Mitglied des Senats an die zuständige Staatsrätin oder den zuständigen Staatsrat oder an die zuständige Leitung der Dienststelle erfolgen.

Absatz 7:
(7) Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 gilt für Angehörige des pädagogischen Personals an Schulen nur für die Beförderungsstellen über dem Einstiegsamt, die nicht Funktionsstellen nach dem Hamburgischen Schulgesetz vom 16. April 1997 (HmbGVBl. S. 97), zuletzt geändert am 28. Januar 2014 (HmbGVBl. S. 37), in der jeweils geltenden Fassung, sind.

Bitte beachten Sie ferner:

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) § 11 Ausschreibung

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) § 7 Benachteiligungsverbot

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) § 1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Soldaten: Keine Ausschreibungspflicht für die Besetzung militärischer Dienstposten

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.07.15 - 1 WB 12/15-

RN 23
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach geltendem Recht für die Besetzung militärischer Dienstposten keine Ausschreibungspflicht besteht (vgl. - auch zum Folgenden - zuletzt BVerwG, Beschluss vom 25.09.14 - 1 WB 7.14 - Rn. 17 m.w.N.). Das Soldatenrecht enthält weder allgemein noch hinsichtlich höherwertiger Dienstposten eine Ausschreibungspflicht; die Normen des Beamtenrechts, die Ausschreibungen vorsehen (§ 8 BBG, § 4 BLV), gelten nicht für Soldaten. Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG, die für die Besetzung höherwertiger Dienstposten gelten, lassen das Verfahren offen, mittels dessen der materielle Grundsatz der Bestenauslese umgesetzt wird; das für Soldaten praktizierte Verfahren einer durch die personalbearbeitenden Stellen von Amts wegen durchgeführten Bestenauslese ist dabei als solches rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung zur Ausschreibung von Dienstposten folgt schließlich auch nicht aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG; vielmehr setzt dieser Mitbestimmungstatbestand voraus, dass eine Ausschreibungspflicht an anderer Stelle normiert ist, begründet aber selbst keine Ausschreibungspflicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 6 P 10.09 - BVerwGE 136, 29 LS 1 und Rn. 12 ff.).

Ausschreibungspflicht im Personalvertretungsrecht (s. auch oben HmbPersVG § 88 VI)

Hinzuweisen ist auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.12 - 6 PB 1.12 -:
"Im Bereich der Bundesbeamten unterliegt jede Stellenbesetzung, welche der Dienststellenleiter ohne Ausschreibung vorzunehmen beabsichtigt, der Mitbestimmung des Personalrats gem. § 75 III Nr. 14 BPersVG."

Ein freundlicher Leser unserer Seite hat uns auf eine hiermit in Zusammenhang stehende Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 08.11.11, 7 Bf 33/11.PVB, hingewiesen, welche Sie auf der Internetseite des Gerichts finden.


Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beförderungsauswahlverfahrens

Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Konkurrentenschutz Konkurrentenschutz A - Z
Bewerbungsverfahrensanspruch
Organisationsentscheidung Organisationshoheit des Dienstherrn Dienst in höherwertiger Funktion wertgleiche Umsetzung Auswahl unter Bewerbern Konkurrenz nach Art. 33 II GG gesundheitliche Eignung Disziplinarverfahren Laufbahnbefähigung Beförderungsverbote Stehzeit im Amt als Voraussetzung Einengung des Bewerberkreises Leistungsprinzip Beurteilung als Grundlage Hochschulrecht / Professur Konkurrenz um Richterstelle § 9 BBG (und AGG) Frauenförderung spezielle Gesetze Beförderungsrichtlinien
Die Handhabung faires Auswahlverfahren Ausschreibung / Kriterien Ausschreibung/ Anforderungsprofil Das weitere Auswahlverfahren Bewerbungsfrist Auswahl- / Vorstellungsgespräch Assessmentcenter Persönlichkeitstest Abbruch des Auswahlverfahrens Mitteilung von Ablehnung
Was tun im Streitfall? Überprüfung ist eilig Akteneinsichtsrecht Inhalt der Akten Widerspruch und/oder Klage Eilverfahren im Beförderungsstreit Der / die Beigeladene
Weitere Informationen Mehrfachbewerbung des Beamten Bewährungsaufstieg Besondere Testverfahren? Aufstieg nur für Ältere? Aufstieg: Länge der Dienstzeit Schadensersatz rechtswidrige Vergabe der Stelle Bundeslaufbahnverordnung







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