Aufstieg - Festsetzung eines Mindestalters rechtswidrig
Mit der Frage, ob bei der Möglichkeit des Aufstiegs von einem Laufbahnabschnitt in einen höheren Höchst- oder Mindestaltersgrenzen vorgegeben werden dürfen, haben wir uns schon im letzten Jahrtausend herumgeschlagen, insbesondere im Bereich "Einheitslaufbahn der Polizei".
Dabei gab es vielerlei Projekte, mit denen lebensälteren Beamten ein - teils auch prüfungsfreier - Aufstieg in den nächsten Laufbahnabschnitt ermöglicht werden sollte.
In neuerer Zeit werden Vorschriften kritisch betrachtet, die für einen Aufstieg ein bestimmtes Mindestlebensalter des Beamten fordern. Sie verstoßen nach Meinung einiger Gerichte gegen das Leistungsprinzip.
Außer dem OVG Lüneburg (in der nachstehenden Entscheidung) hat auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht Bedenken geäußert, zum Beispiel in einem Beschluss vom 26.02.14 - 2 B 25 / 14 -.
Die Bundesländer haben dem inzwischen zum Teil bereits Rechnung getragen.
OVG Lüneburg 5. Senat, Beschluss vom 11.02.2014, 5 ME 15/14
Begrenzter Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst
Es verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG, die Beteiligung am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei von einem Mindestalter von 40 Jahren (§ 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV) und einer Mindeststehzeit im Endamt des mittleren Dienstes von 4 Jahren abhängig zu machen (Anschluss an Sächs. OVG, Beschl. vom 07.11.13 - 2 B 457/13 -; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.12 - BVerwG 2 C 74.10 -).
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg zu beteiligen.
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Die Vorinstanz ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Regelungen über die Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg an Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen müssen, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Begriff der „Eignung“ erfasst Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, mit dem Begriff der „Befähigung“ werden die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung beschrieben, und der Begriff der „fachlichen Leistung“ zielt auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen ab (BVerwG, Urteil vom 26.09.12, Rn. 20). Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als dem am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.13 - BVerwG 2 VR 1.13 -, Rn. 19). Die Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte unterliegt der - gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren - Beurteilung des Dienstherrn.
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Bei dem Zugang zum Aufstieg in eine höhere Laufbahn geht es zwar nicht unmittelbar um die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne. Die Teilnahme an der Aufstiegsausbildung und deren erfolgreicher Abschluss sind jedoch Voraussetzung dafür, dass ein Laufbahnbeamter aufsteigen, d. h. Ämter erreichen kann, die einer höheren Laufbahn zugeordnet sind. Erfüllt er die normativen Voraussetzungen für den Aufstieg nicht, ist seine Bewerbung um ein statusrechtliches Amt der höheren Laufbahn von vornherein aussichtslos. Dementsprechend kommt die Auswahl für die Aufstiegsausbildung in ihren Wirkungen einer vorweggenommenen Beförderungsentscheidung nahe (Sächs. OVG, Beschluss vom 07.11.13 - 2 B 457/13 -, Rn. 10; vgl. auch - zur [bloßen] Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens BVerwG, Beschluss vom 25.10.11 - BVerwG 2 VR 4.11 -, Rn. 14; Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, Rn. 5; Beschluss vom 20.12.13 - 5 ME 260/13 -), so dass der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.11.13 - 1 WB 5/13 -, Rn. 19) Anwendung findet.
...
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a) Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 28.10.04 (- BVerwG 2 C 23.03 -), welches Wartezeitregelungen bei Beförderungsentscheidungen im mittleren Polizeidienst Schleswig-Holsteins betraf, entschieden, dass das Dienst- und Lebenszeitalter nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten gehöre, welche der Bewerberauswahl für eine Beförderungsstelle zugrunde zu legen seien. Zwar werde sich insbesondere das Dienstalter häufig auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlage werde. Es gebe jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden könne. Dementsprechend sei die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (a. a. O., Rn. 15). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem - vom Antragsteller in Bezug genommenen - Urteil vom 26.09.12 fortgeführt und ausdrücklich auch auf die Zulassung zum Laufbahnaufstieg erstreckt. Es hat die Mindestaltersregelung des § 28b Abs. 1, 3. Spiegelstrich der Saarländischen Laufbahnverordnung (SLVO) in der seinerzeit maßgeblichen Fassung - diese sah vor, dass Steuerbeamte des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung zugelassen werden konnten, wenn sie das 40. Lebensjahr vollendet hatten - für mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar erklärt, weil diese Voraussetzung keine Rückschlüsse auf die Eignung als Verwendungsaufsteiger ermögliche. Denn es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter - und erst recht nicht von einem höheren Lebensalter - auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden könne (a. a. O., Rn. 22).
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Diese überzeugende Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, beansprucht auch im Streitfall Geltung. ...
Begrenzter Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst
Es verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG, die Beteiligung am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei von einem Mindestalter von 40 Jahren (§ 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV) und einer Mindeststehzeit im Endamt des mittleren Dienstes von 4 Jahren abhängig zu machen (Anschluss an Sächs. OVG, Beschl. vom 07.11.13 - 2 B 457/13 -; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.12 - BVerwG 2 C 74.10 -).
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg zu beteiligen.
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Die Vorinstanz ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Regelungen über die Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg an Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen müssen, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Begriff der „Eignung“ erfasst Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, mit dem Begriff der „Befähigung“ werden die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung beschrieben, und der Begriff der „fachlichen Leistung“ zielt auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen ab (BVerwG, Urteil vom 26.09.12, Rn. 20). Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als dem am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.13 - BVerwG 2 VR 1.13 -, Rn. 19). Die Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte unterliegt der - gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren - Beurteilung des Dienstherrn.
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Bei dem Zugang zum Aufstieg in eine höhere Laufbahn geht es zwar nicht unmittelbar um die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne. Die Teilnahme an der Aufstiegsausbildung und deren erfolgreicher Abschluss sind jedoch Voraussetzung dafür, dass ein Laufbahnbeamter aufsteigen, d. h. Ämter erreichen kann, die einer höheren Laufbahn zugeordnet sind. Erfüllt er die normativen Voraussetzungen für den Aufstieg nicht, ist seine Bewerbung um ein statusrechtliches Amt der höheren Laufbahn von vornherein aussichtslos. Dementsprechend kommt die Auswahl für die Aufstiegsausbildung in ihren Wirkungen einer vorweggenommenen Beförderungsentscheidung nahe (Sächs. OVG, Beschluss vom 07.11.13 - 2 B 457/13 -, Rn. 10; vgl. auch - zur [bloßen] Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens BVerwG, Beschluss vom 25.10.11 - BVerwG 2 VR 4.11 -, Rn. 14; Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, Rn. 5; Beschluss vom 20.12.13 - 5 ME 260/13 -), so dass der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.11.13 - 1 WB 5/13 -, Rn. 19) Anwendung findet.
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a) Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 28.10.04 (- BVerwG 2 C 23.03 -), welches Wartezeitregelungen bei Beförderungsentscheidungen im mittleren Polizeidienst Schleswig-Holsteins betraf, entschieden, dass das Dienst- und Lebenszeitalter nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten gehöre, welche der Bewerberauswahl für eine Beförderungsstelle zugrunde zu legen seien. Zwar werde sich insbesondere das Dienstalter häufig auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlage werde. Es gebe jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden könne. Dementsprechend sei die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (a. a. O., Rn. 15). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem - vom Antragsteller in Bezug genommenen - Urteil vom 26.09.12 fortgeführt und ausdrücklich auch auf die Zulassung zum Laufbahnaufstieg erstreckt. Es hat die Mindestaltersregelung des § 28b Abs. 1, 3. Spiegelstrich der Saarländischen Laufbahnverordnung (SLVO) in der seinerzeit maßgeblichen Fassung - diese sah vor, dass Steuerbeamte des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung zugelassen werden konnten, wenn sie das 40. Lebensjahr vollendet hatten - für mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar erklärt, weil diese Voraussetzung keine Rückschlüsse auf die Eignung als Verwendungsaufsteiger ermögliche. Denn es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter - und erst recht nicht von einem höheren Lebensalter - auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden könne (a. a. O., Rn. 22).
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Diese überzeugende Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, beansprucht auch im Streitfall Geltung. ...