Umsetzung des ausgewählten Bewerbers auf
Beförderungsdienstposten?
Das gerichtliche Eilverfahren im Konkurrentenstreit soll die sachgerechte Überprüfung des Anspruchs sicherstellen / ermöglichen. Es sollte möglichst schnell nach Bekanntgabe des Ergebnisses eingeleitet werden.
Ein Anordnungsgrund kann vorliegen, wenn der ausgewählte Bewerber befördert werden soll.
Ab Mai 2016 halten die Gerichte die Umsetzung des ausgewählten Bewerbers oder die kommissarische Übertragung der Funktion an ihn für zulässig, nur die Beförderung darf noch nicht erfolgen.
Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung des OVG NRW bereits jetzt überholt sein dürfte.
Denn der zweite Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in einem Beschluss vom 10.05.16 - 2 VR 2.15 - seine Rechtsprechung zur Frage des "Bewährungsvorsprungs" in einem wichtigen Punkt ausdrücklich geändert. In diesem Bereich ist allerdings noch nicht alles abschließend geklärt.
Beschluss des OVG NRW - 1 B 1206/15 - vom 11.02.16
Leitsatz 3:
In Fällen sogenannter reiner Dienstpostenkonkurrenz kann im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein Anordnungsgrund nur dann verneint werden, wenn aufgrund der Umstände des konkreten Falls die Vermittlung eines relevanten Erfahrungs- und Kompetenzvorsprungs ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann (Änderung der Senatsrechtsprechung). (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2016 – 1 B 1206/15 –)
II. Der erforderliche Anordnungsgrund ist gegeben.
In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens kann ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehen. Dies kann der Fall sein, wenn ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung sammeln kann, der bei einer nochmaligen Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre. Die für Auswahlentscheidungen erforderlichen Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Beamten müssen in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen getroffen werden, welche die im Beurteilungszeitraum tatsächlich erbrachten Leistungen des Beamten vollständig zu erfassen haben. Dies schließt im Grundsatz auch die auf einem rechtswidrig erlangten Dienstposten erworbene Erfahrung ein. Vor diesem Hintergrund kann ein Anordnungsgrund zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs in den Fällen sogenannter reiner Dienstpostenkonkurrenz nur dann verneint werden, wenn aufgrund der Umstände des konkreten Falls die Vermittlung eines relevanten Erfahrungs- bzw. Kompetenzvorsprungs ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.09.11 - 2 VR 3.11 - IÖD 2011, 266 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2014 - 6 B 93/14 -, IÖD 2014, 130 = juris, Rn. 4 ff., m. w. N.; Thür. OVG, Beschluss vom 20.07.12 - 2 EO 361/12 -, DÖV 2013, 119 = juris, Rn. 7; a. A. OVG Berlin- Bbg., Beschluss vom 14.04.14 - OVG 7 S 19.14 -, IÖD 2014, 128 = juris, Rn. 5 ff. (dem folgend Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, Kap. 5, Rn. 16 ff.), und Bay. VGH, Beschluss vom 12.06.12 - 6 CE 12.474 -, juris, Rn. 9.
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Soweit der erkennende Senat einen Anordnungsgrund im Fall reiner Dienstpostenkonkurrenz in der Vergangenheit im Regelfall verneint hat,
vgl. z. B. ausführlich Beschluss vom 9. März 2010 - 1 B 1472/09 -, juris, Rn. 10 ff., m. w. N.,
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hält er daran nicht länger fest. Denn der auf einem umstrittenen Dienstposten gesammelte Erfahrungsvorsprung ist nicht ohne praktische Relevanz. Er kann bei einer nochmaligen Auswahlentscheidung zur Besetzung des streitigen Dienstpostens, also bei einer erneuten reinen Dienstpostenkonkurrenz, zu Gunsten des Konkurrenten wirken. Bei einer Beförderungsentscheidung kann der Dienstherr Gesichtspunkten wie der dienstlichen Erfahrung oder der Verwendungsbreite den Vorrang einräumen, wenn mehrere Bewerber nach dem in erster Linie maßgebenden Gesamturteil ihrer Beurteilungen als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind und der Dienstherr die besondere Bedeutung der einzelnen Gesichtspunkte begründet.
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BVerwG, Beschluss vom 22.11.12 - 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112 = IÖD 2013, 14 = juris, Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 04.11.10 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 = DVBl. 2011, 228 = juris, Rn. 46.
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Dasselbe gilt bei einer bloßen Dienstpostenbesetzung, wenn - wie hier - nach Leistungskriterien ausgewählt wird.
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Zudem sind bei Beurteilungen, deren Maßstab das Statusamt ist, die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Weist ein Dienstposten Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen.
45
BVerwG, Beschluss vom 20.06.13 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE, 147, 20 = IÖD 2013, 194 = juris, Rn. 53 f.; Urteil vom 17.09.15 - 2 C 27.14 -, juris, Rn. 28.
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Dafür, dass die Beigeladene (Besoldungsgruppe A 9g) auf dem streitgegenständlichen Dienstposten keinen relevanten Erfahrungsvorsprung im Verhältnis zur Antragstellerin gewinnen könnte, ist hier nichts ersichtlich.
Leitsatz 3:
In Fällen sogenannter reiner Dienstpostenkonkurrenz kann im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein Anordnungsgrund nur dann verneint werden, wenn aufgrund der Umstände des konkreten Falls die Vermittlung eines relevanten Erfahrungs- und Kompetenzvorsprungs ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann (Änderung der Senatsrechtsprechung). (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2016 – 1 B 1206/15 –)
II. Der erforderliche Anordnungsgrund ist gegeben.
In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens kann ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehen. Dies kann der Fall sein, wenn ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung sammeln kann, der bei einer nochmaligen Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre. Die für Auswahlentscheidungen erforderlichen Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Beamten müssen in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen getroffen werden, welche die im Beurteilungszeitraum tatsächlich erbrachten Leistungen des Beamten vollständig zu erfassen haben. Dies schließt im Grundsatz auch die auf einem rechtswidrig erlangten Dienstposten erworbene Erfahrung ein. Vor diesem Hintergrund kann ein Anordnungsgrund zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs in den Fällen sogenannter reiner Dienstpostenkonkurrenz nur dann verneint werden, wenn aufgrund der Umstände des konkreten Falls die Vermittlung eines relevanten Erfahrungs- bzw. Kompetenzvorsprungs ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.09.11 - 2 VR 3.11 - IÖD 2011, 266 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2014 - 6 B 93/14 -, IÖD 2014, 130 = juris, Rn. 4 ff., m. w. N.; Thür. OVG, Beschluss vom 20.07.12 - 2 EO 361/12 -, DÖV 2013, 119 = juris, Rn. 7; a. A. OVG Berlin- Bbg., Beschluss vom 14.04.14 - OVG 7 S 19.14 -, IÖD 2014, 128 = juris, Rn. 5 ff. (dem folgend Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, Kap. 5, Rn. 16 ff.), und Bay. VGH, Beschluss vom 12.06.12 - 6 CE 12.474 -, juris, Rn. 9.
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Soweit der erkennende Senat einen Anordnungsgrund im Fall reiner Dienstpostenkonkurrenz in der Vergangenheit im Regelfall verneint hat,
vgl. z. B. ausführlich Beschluss vom 9. März 2010 - 1 B 1472/09 -, juris, Rn. 10 ff., m. w. N.,
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hält er daran nicht länger fest. Denn der auf einem umstrittenen Dienstposten gesammelte Erfahrungsvorsprung ist nicht ohne praktische Relevanz. Er kann bei einer nochmaligen Auswahlentscheidung zur Besetzung des streitigen Dienstpostens, also bei einer erneuten reinen Dienstpostenkonkurrenz, zu Gunsten des Konkurrenten wirken. Bei einer Beförderungsentscheidung kann der Dienstherr Gesichtspunkten wie der dienstlichen Erfahrung oder der Verwendungsbreite den Vorrang einräumen, wenn mehrere Bewerber nach dem in erster Linie maßgebenden Gesamturteil ihrer Beurteilungen als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind und der Dienstherr die besondere Bedeutung der einzelnen Gesichtspunkte begründet.
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BVerwG, Beschluss vom 22.11.12 - 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112 = IÖD 2013, 14 = juris, Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 04.11.10 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 = DVBl. 2011, 228 = juris, Rn. 46.
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Dasselbe gilt bei einer bloßen Dienstpostenbesetzung, wenn - wie hier - nach Leistungskriterien ausgewählt wird.
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Zudem sind bei Beurteilungen, deren Maßstab das Statusamt ist, die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Weist ein Dienstposten Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen.
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BVerwG, Beschluss vom 20.06.13 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE, 147, 20 = IÖD 2013, 194 = juris, Rn. 53 f.; Urteil vom 17.09.15 - 2 C 27.14 -, juris, Rn. 28.
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Dafür, dass die Beigeladene (Besoldungsgruppe A 9g) auf dem streitgegenständlichen Dienstposten keinen relevanten Erfahrungsvorsprung im Verhältnis zur Antragstellerin gewinnen könnte, ist hier nichts ersichtlich.