Startseite ⁄ Beamtenrecht ⁄ Konkurrentenschutz ⁄ Anforderungsprofil in Ausschreibung ⁄ Hessischer VGH 11.04.2014 - 1 B 1913/13 -
Beförderungsauswahl / Anforderungsprofil / unzulässige Anforderung in der Ausschreibung
Zur Erinnerung: Das Beförderungsauswahlverfahren wird durch den Text der Stellenausschreibung maßgeblich geprägt.
Werden in der Ausschreibung Anforderungen als unbedingt zu erfüllen bezeichnet, sog. konstitutive Auswahlkriterien, dann bedarf es einer Begründung, weshalb Bewerber nicht ausgewählt werden können, welche diese Anforderung nicht erfüllen.

Man fragt gewissermaßen danach, ob die Arbeit auf dem ausgeschriebenen Posten bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten wirklich voraussetzt.

Hiervon kann es in speziellen Fällen Ausnahmen geben, wie die nachstehende Entscheidung zeigt.


Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg,  Beschluss vom 13.12.22 - 4 S 1776/22 -



Auszug aus den Gründe


2. Das Verwaltungsgericht hat weiter überzeugend entschieden, dass jedoch kein Anordnungsanspruch gegeben ist, weil der Antragstellerin die in der Ausschreibung geforderten besonderen Kenntnisse des Völker-, Völkergewohnheits- und nationalen Wehrrechts, ferner des Rechts der militärischen Gewaltanwendung und internationaler Organisationen sowie eine mehrjährige operative Erfahrung als Rechtsberater-Stabsoffizier im Auslandseinsatz der Bundeswehr fehlen und es hier ausnahmsweise zulässig ist, auf diese besonderen Anforderungen des Dienstpostens abzustellen. Der Umstand, dass die Antragstellerin im Statusamt A 16 bereits mit der Bestnote A1 bewertet wurde, während der Beigeladene lediglich im Statusamt A 15 mit A1 bewertet wurde und noch keine Bewertung im Statusamt A 16 vorweisen kann, ist deshalb nicht ausschlaggebend. Mangels entsprechender einschlägiger Berufserfahrung bzw. spezifischer operativer Rechtskenntnisse wären die Erfolgsaussichten der Antragstellerin auch bei einer erneuten Auswahl gegenüber dem Beigeladenen nicht zumindest offen, d.h. ihre Auswahl erscheint auch dem Senat nicht hinreichend als möglich.

Grundsätzlich ist Bezugspunkt bei der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Ein Bewerber darf nicht vom Auswahlverfahren ausgeschlossen werden, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht, denn dies stünde nicht im Einklang mit dem Laufbahnprinzip. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind. Es kann erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten.
Die Ausrichtung einer Auswahlentscheidung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens ließe überdies außer Acht, dass die Betrauung mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich des Beamten nach seinen organisatorischen Vorstellungen und Bedürfnissen jederzeit ändern, sofern ein sachlicher Grund dafür vorliegt. Schließlich ermöglichte die grundsätzlich an den Anforderungen eines Dienstpostens orientierte Auswahlentscheidung unter Umständen eine vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung unabhängige Ämtervergabe und würde damit Missbrauchsgefahren schaffen.

Wie das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung dargelegt hat, sind im Einzelfall jedoch Ausnahmen von der Orientierung am Statusamt durch die Festlegung eines - dienstpostenbezogenen - Anforderungsprofils zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt oder sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigungen der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen; sie werden gerichtlich voll kontrolliert (Senatsbeschluss vom 11.06.2018 - 4 S 893/18 -, n.v.).


Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Konkurrentenschutz Konkurrentenschutz A - Z
Bewerbungsverfahrensanspruch
Organisationsentscheidung Organisationshoheit des Dienstherrn Dienst in höherwertiger Funktion wertgleiche Umsetzung Auswahl unter BewerbernKonkurrenz nach Art. 33 II GG gesundheitliche Eignung Disziplinarverfahren Laufbahnbefähigung Beförderungsverbote Stehzeit im Amt als Voraussetzung Beförderungsplanstelle wertgleiche Umsetzung Einengung des Bewerberkreises Leistungsprinzip / Art. 33 II GG Beurteilung als Grundlage Hochschulrecht / Professur Konkurrenz um Richterstelle § 9 BBG (und AGG) spezielle Gesetze Beförderungsrichtlinien
Die Handhabung faires Auswahlverfahren Stellenausschreibung Pflicht? Anforderungsprofil
Ausschreibung/ Anforderungsprofil Bundesverfassungsgericht zulässige konstitutive Kriterien? Berufserfahrung notwendig? Erfahrungen im Voramt Mindest-Verwendungsbreite? Führungserfahrung / -eignung umfassende Rechtskenntnisse? Erfahrungen im Abgabenrecht? Kenntnisse im Luftsicherheitsrecht? EDV-Kenntnisse unabdingbar? BVerwG - nur mit Doktortitel? Befähigung zum Richteramt? NdsOVG - Landeskinderklausel Regional begrenzte Auswahl? nur aus dem Landgerichtsbezirk? Das weitere Auswahlverfahren Bewerbungsfrist Auswahl- / Vorstellungsgespräch Assessmentcenter Persönlichkeitstest Abbruch des Auswahlverfahrens Mitteilung von Ablehnung
Was tun im Streitfall? Akteneinsichtsrecht Inhalt der Akten Überprüfung ist eilig Widerspruch und/oder Klage Eilverfahren im Beförderungsstreit Der / die Beigeladene ▲ zum Seitenanfang